Ahnenforschung allgemein
Vielleicht sind Sie schon einmal auf alte Familienalben gestoßen und haben sich gefragt, wer die Personen auf den Bildern sind? Wollen Sie wissen, was Ihre Vorfahren beruflich gemacht haben? Oder Sie fragen sich, woher Ihr Name stammt?
Wenn Sie sich mit solchen Fragen beschäftigen, möchten Sie vielleicht tiefer in die Familienforschung einsteigen. Eines vorweg: Die Reise in die Vergangenheit mit Recherchen und Bibliotheksbesuchen kostet viel Zeit. Dafür gewinnen Sie allerdings einen Einblick in Ihre Familiengeschichte und erhalten ein breiteres Verständnis für historische Ereignisse. Möglicherweise stoßen Sie auch auf Verwicklungen oder besondere Schicksale.
Die Ahnenforschung hat eine lange Tradition. Denken Sie dabei an die alten Adelshäuser, die entsprechende Stammbäume anfertigten. Beispielsweise haben die Welfen, eine europäische Adelsdynastie, um 1180 mit der „Historia Welforum“ ihre Hausgeschichte und den Stammbaum schriftlich niedergelegt. Aber auch in der Antike haben Herrscher versucht, ihre Abstammung von Göttern zu beweisen.
Die „Genealogie“ ist eine Teilwissenschaft der Geschichte und beschäftigt sich mit Fragen nach der Struktur und Entwicklung von Verwandschaftssystemen. Die Ahnen- bzw. Familienforschung legt (im Gegensatz dazu) den Fokus auf das Spezielle und auf einzelne Familien.
Diese Forschungen werden von der Wappenkunde (Heraldik) und Siegelkunde (Sphragistik) abgerundet.
Falls Sie sich für die Familienforschung interessieren, möchte ich Ihnen ein paar Tipps für Ihren Einstieg geben:
1. Namensbedeutung
Sie können mit der Bedeutung Ihres Namens beginnen. Dieser gibt Ihnen vielleicht schon einen groben Anhaltspunkt über die Herkunft Ihrer Familie. Dazu ist es wichtig zu wissen, wie sich die Familiennamen in Deutschen gebildet haben:
- Rufname (des Vaters), z.B. Friedrichs – Sohn von Friedrich
- Ort oder Wohnstätte, z.B. Bachmann – am Bach wohnend,
- Regionale Herkunft, z.B. Schlesinger aus Schlesien, Schwab aus Schwaben,
- Beruf, z.B. Bauer, Bäcker, Metzger, Müller, Fischer, Schulze (Dorfrichter)
- Körperliche Merkmale, Charaktereigenschaften oder Spitznamen, wie z.B. Stolz, Reich
Vielleicht finden Sie Ihren Namen im Familiennamen-Duden oder falls er slawischer Herkunft ist in „Lausitzer Familiennamen slawischen Ursprungs“ von Walther Wenzel, nur um zwei Beispiele zu nennen.
2. Sammlung der vorhanden Daten
Sammeln Sie zunächst alle Daten über sich, die Eltern, Großeltern usw., bis die natürliche Wissensgrenze erreicht ist. Zu diesen Daten gehören: Namen, Daten der Geburt, Heirat und Tod, Wohnort, Anekdoten und Gerüchte.
Sammeln Sie alle Unterlagen und Dokumente, die hierzu wertvolle Hinweise liefern: Familienstammbuch, Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden, Briefe, Ausbildungsnachweise, Grundbesitzbescheinigungen, Steuerlisten, Eintragungen in Handwerksrollen, und vieles mehr …
Nutzen Sie zur Sammlung der Daten auch Familienfeiern bzw. alte Fotoalben.
Grundsatz dabei ist, dass die Daten auch durch entsprechende Papiere belegt sein sollten.
3. Forschung in offiziellen Quellen
Um in der Ahnenliste weiterzukommen, gibt es eine Reihe offizieller Stellen bzw. Quellen, in denen Sie weitere Informationen erhalten:
- Standesämter
Die Standesämter dokumentieren in ganz Deutschland Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle ab dem Jahr 1875, in den linksrheinischen Gebieten evtl. schon seit 1800. Standesregisterunterlagen aus den östlichen Gebieten sind teilweise in Berlin zu finden. - Kirchenbücher
Theoretisch stehen seit ca. 1490 Taufen (nicht Geburten!), Hochzeiten und Sterbefälle (Beerdigungen) in den Kirchenbüchern. Meistens beginnen diese jedoch erst nach dem Dreißigjährigen Krieg ab 1648. Die Kirchenbücher wurden von den jeweiligen Pfarreien (abhängig von der Konfession) geführt. Falls es sich um alte Bücher handelt, sind diese heute in kirchlichen Zentralarchiven, z.B. bei der katholischen Kirche meist in erzbischöflichen Archiven, einsehbar.
Allerdings sind diese nicht so einfach zu lesen: Bis ca. 1940 wurden die Eintragungen in der Sütterlin-Schrift („Deutsche Schreibschrift“) geschrieben, vor 1840 sind sie meist in lateinisch verfasst.
Die Schreibweise des Namens kann sich übrigens auch von Eintragung zu Eintragung verändern. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts gab es bei den Behörden eine einheitliche Regelung. Bis dahin wurden die Namen meist nach Gehör, Dialekt und Aussprache geschrieben.
Jedoch wird man beim Lesen der Kirchenbücher überrascht: Einerseits erfährt man viel über die Beziehungen in den jeweiligen Wohnorten und die Berufe, andererseits werden viele „neue“ Familienmitglieder als Taufpaten oder Trauzeugen auftauchen, die bislang unbekannt waren. - Verfilmte Kirchenbücher aus dem Archiv der Mormonen (Church of Jesus Christ of Letter Day Saints)
Die Mormonen beschäftigen sich aufgrund ihres Glaubens mit der Erforschung ihrer Ahnen. Daher verfügen sie über das weltweit größte Archiv. Es enthält auch katholische und evangelische Kirchenbücher, die auf Mikrofiche verfilmt wurden. Auf der Seite http://www.familysearch.org/ können Sie prüfen, ob die Kirchenbücher von Ihrem gesuchten Ort verfilmt sind. Gegen eine Leihgebühr können diese Filme bestellt und in den FHC (Familiy History Center) eingesehen werden. Solche FHC gibt es in den großen Städten. Die Anschriften sind auch auf der o.g. Internet-Seite zu finden. - Adressbücher
Ab dem 18. Jahrhundert legten einige (größere) Orte und Städte Adressbücher auf. Diese sind meist noch in den Stadtarchiven einzusehen.
4. Weitere Quellen und Unterstützung
- Lokalzeitungen und Chroniken
- Archive und Vereine, wie z.B. das Bayerische Hauptstaatsarchiv (München)
- Spezielle Internet-Seiten, wie z.B. www.genealogienetz.de
- Ahnenforscher-Listen
Für Schlesien gibt es E-Mail-Listen (Oberschlesien-Liste und Niederschlesien-Liste), in der Hobby-Ahnenforscher und Schlesienkenner ihre Erfahrungen untereinander austauschen oder Ahnen suchen. Zur Liste anmelden kann man sich über www.genealogienetz.de
Allgemeine geschichtliche Informationen, Landkarten und Zeitungen kann man z. B. unter www.gbv.de in den Datenbanken des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes suchen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit Ihren Einstieg in die Forschung erleichtern und wünsche Ihnen dabei viel Spaß und Erfolg!